Egal zu welcher Jahreszeit: Jeder hat ein Recht auf Urlaub – auch der Allergiker. Wenn die Alltagssorgen auch fern sind, die Allergie verfolgt den Patienten bis in das abgeschiedenste Urlaubsparadies. Umso wichtiger ist es, einige Vorkehrungen zu treffen und sich- gerade im Urlaub- allergie-gerecht zu verhalten. Die wichtigsten Verhaltensregeln sind im Folgenden aufgeführt und können dem Allergiker wie geplant die Urlaubswochen zu den „schönsten Wochen des Jahres“ machen:
Die richtige Wahl des Reiseziels
Jeder Patient sollte sein „ideales Reiseland“ individuell planen:
So blühen in Nordeuropa Gräser, Bäume und Getreide generell später als in Mitteleuropa, Birkenpollen dagegen treten in Skandinavien oft in hohen Konzentrationen auf. In Südwesteuropa, im südlichen Mittelmeerraum und auf den Kanarischen Inseln sind Birkenpollen dagegen kaum nachweisbar. Weiterhin existiert z. B. in Deutschland eine jahreszeitliche Blühverzögerung von Südwesten nach Nordosten. Bei der Wahl des Reiselandes kann ein internationaler Pollenflugkalender, der in Zusammenarbeit von den Wetterämtern mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst erstellt wird, von wichtiger Hilfe sein. Ein aktueller Pollenflugkalender kann im Internet aufgerufen werden (www.polleninfo.org oder www.wetteronline.de).
Im Hochgebirge kann man ab Anfang Juli oberhalb von 2000 m mit Pollenfreiheit rechnen. Außerdem spielt in dieser Höhe im ganzen Jahr eine Allergie auf Hausstaubmilben praktisch keine Rolle mehr, da die Spinnentiere in dieser Höhe kaum überlebensfähig sind. Ein trockenes und mildes Schonklima, wie es z.B. im Mittelmeer oder an der Nordseeküste zu finden ist, bekommt Asthmatikern besonders gut. Island kann als Reiseziel besonders empfohlen werden, da es dort kaum Bäume bzw. Baumpollen gibt, die Gräserblüte nur kurz ist und die Luftverschmutzung gering ist.
Vor dem Urlaub
Vor dem Urlaubsantritt sollte auf jeden Fall der behandelnde Allergologe aufgesucht werden, den Patienten individuell beraten, über mögliche Risiken aufklären, eine Reiseapotheke erstellen (mit anti-allergischen Mitteln!), einen (internationalen) Allergiepaß ausstellen und einen allgemeinen Gesundheitscheck durchführen.
Die Urlaubs-Anreise
In Polstern von Bahn- und Flugzeugsitzen sammeln sich oft Hausstaubmilben oder Tierhaare. Um eine allergische Reaktion zu vermeiden, kann der Patient evtl. prophylaktisch die antiallergischen Bedarfsmedikamente einnehmen.
Streß kann allergische Beschwerden auslösen oder verstärken, ein hastiges Rennen zur Gangway oder zum Anschlusszug kann bei einem Asthmatiker bereits einen Anfall auslösen. Deshalb sollte für die Fahrt genug Zeit eingeplant werden und das entsprechende Medikament immer zur Hand sein.
Bei der Autofahrt sind die Fenster und Türen möglichst geschlossen zu halten, der Einbau von Pollenfiltern in die Innenraumluft-Zufuhr kann empfohlen werden.
Wahl des richtigen Hotels
Einige Hotels bieten Spezialzimmer für Allergiker an. Eine Liste mit den entsprechenden Hotels im In- und Ausland kann vom Deutschen Allergie- und Asthmabundes e.V. (Adresse s.u.) angefordert werden.
In den entsprechenden Zimmern sollten Parkettböden vorhanden sein oder leicht zu reinigende Teppiche, möglichst glatte Wände ohne Strukturtapete, leichte Vorhänge, keine schweren Übergardinen, möglichst keine staubsammelnden offenen Regale. Für Hausstaubmilben- und Schimmelpilz-Allergiker ist es besonders wichtig, dass das Zimmer und die Nasszellen gut belüftbar sind.
Auch ist in Erfahrung zu bringen, ob Nichtraucherzimmer gemietet werden können und ob im Hotel auch Haustiere zulässig sind. Darüber hinaus ist eine Klimaanlage mit Pollenfiltern wünschenswert, der Filter sollte dann aber regelmäßig gereinigt werden.
Von besonderer Bedeutung ist für Patienten mit Nahrungsmittelallergien, ob das Hotel auch entsprechend zubereitete Speisen anbietet.
Auch kann die Allergenexposition durch das Vorhandensein von Allergenen in Tierfellen, Tierhaarteppichmaterialien, Mantelfütterungen, Echtpelz-Spieltieren, Polsterfüllungen u.a. fortgesetzt werden. So sind beispielsweise manche Patienten mit bekannter Pferdehaarsensibilisierung trotz Pferdekarenz im Urlaub nicht beschwerdefrei, weil sie – meist ohne es zu wissen – auf einer Rosshaarmatratze schlafen.
Tipps im Alltag
In der jeweiligen Urlaubsregion können durchaus tageszeitliche Belastungsspitzen der Pollenexposition vorkommen! Der optimale Zeitpunkt zum Lüften der Zimmer ist von 0 bis 4 Uhr morgens. Nach einem langen Urlaubstag im Freien sollte am Abend kurz geduscht werden (inkl. Haarewaschen) sowie die Kleidung möglichst vor dem Schlafzimmer abgelegt werden, um eine Übertragung der Pollen in das Zimmer zu vermeiden. Fenster und Türen sind zurzeit des größten Pollenflugs geschlossen zu halten. Pollenfilter in Klimaanlagen können bei ausreichender Kapazität der Anlage sehr wirkungsvoll sein. Wichtig ist die regelmäßige Wartung der Anlage, da sich sonst die Filter zusetzen oder bei Defekten sogar vermehrt Aeroallergene in die Raumluft geblasen werden können.
Bienen- und Wespengift
Gerade im Urlaub, wenn der Patient sich lange Zeit im Freien aufhält, ist er einem Insektenstich besonders ausgesetzt. Von Bedeutung sind vor allem Bienen- und Wespenstiche, welche eine lebensgefährliche Schockreaktion auslösen können. Die Wahrscheinlichkeit eines Stiches ist durch einige Vorsichtsmaßnahmen zu minimieren: so sind Insekten sind für olfaktorische Verlockungen empfänglich und „fliegen“ auf bestimmte Parfums, Deodoranzien, Rasierwässer etc. Natürlich sollte der Patient sich von Abfallbehältern fernhalten und nicht nach den Tieren schlagen.
Insekten abweisende Sprays oder Deodoranzien (kommerziell erhältlich) können dagegen eine gewisse Schutzwirkung entfalten. Auch die Kleidung kann „insektengerecht“ gewählt werden, um von diesen nicht mit einer blühenden Sommerblume verwechselt zu werden. Das Barfußgehen auf Wiese oder Rasen sollte vermieden, Flaschen/Gläser/Getränkedosen sollten im Freien abgedeckt werden.
Das Eindringen der Insekten ins Haus ist möglichst zu vermeiden (Insektengitter vor Türen/Fenstern). Unter Moskitonetzen zu schlafen, kann für besonders gefährdete Personen sinnvoll sein.
Trotz all dieser Vorsichtsmaßnahmen wird sich ein Bienen- oder Wespenstich –gerade im Urlaub- nie mit 100%er Sicherheit vermeiden lassen. Umso wichtiger ist es, dass der Bienen-Wespengift-Allergiker immer sein „Notfall-Besteck“ (orales Antihistaminikum, orales Glukocorticoid, ß-Sympathomimetisches inhalatives Spray und Adrenalin-Injektor) zur Hand hat und es im Fall der Fälle auch richtig einzunehmen weiß!
Nahrungsmittel-Unverträglichkeit
Der Patient mit einer Nahrungsmittel-Allergie kennt häufig die ursächlichen Nahrungsmittel ganz genau und weiß diese im Alltag zu meiden. Natürlich sollten er im Urlaub erst recht keine „Experimente“ machen! Oft aber ist auf fremdländischen Speisekarten nicht auf Anhieb zu erkennen, ob in einer Mahlzeit Milch, Eier oder Meeresfrüchte vorkommen. Bei – zumeist nicht deklarierten – Zutaten und Gewürzen wird vielfach mit so potenten Allergenen wie Knoblauch, Sellerie oder Krabbensauce gearbeitet, die in Deutschland nicht üblich sind. Eine solches, „unsicheres“ Reiseziel sollte gemieden werden oder der Patient sollte sich möglichst selbst versorgen. Ein „Notfall-Set“ sollte immer zur Hand sein!
Auch wenn sich erst Stunden nach einer Mahlzeit Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen und Verstopfung oder auch Atembeschwerden, Hautausschläge, Nesselfieber oder Schwellungen der Augenlider und der Lippen einstellen, sollte dringend an eine allergische Reaktion gedacht werden und die Notfallmedikamente eingenommen werden.
Hausstaubmilben
Die gründliche Reinigung der Wohnung und der betreffenden Textilien ist grundsätzlich auch im Urlaub empfehlenswert. Mechanische Reinigungsverfahren (Staub saugen, Wischen, Ausklopfen, Kehren) bewirken eine Allergenreduktion durch Entfernung von Kotbestandteilen und toten Milbenkörpern. Der Patienten ist weiterhin dringend zu empfehlen, auch im Hotelbett Matratze, Decke und Kissen vollständig mit Milben- und allergendichte Bezüge (Allergocover®, Bencase®, Med-tex®, Allergy ControlTM u.a.) zu umschließen (sog. „encasing“). Im Bereich des „Ökosystems Bett“ sind sie der wirksamste Mechanismus zur Reduktion der Milbenallergenexposition (Abb. 4)! Ferner lässt sich durch regelmäßige Lüftung und einer möglichst geringen Raumtemperatur die Milbenpopulation deutlich reduzieren.
Aktivitäten im Urlaub
Asthmatikern kann der geringere Sauerstoffgehalt der „dünnen Bergluft“ mehr Beschwerden bereiten als in seiner gewohnten Umgebung. Salzwasser und Sonneneinstrahlung können allergische Hauterkrankungen wie Ekzeme verstärken. Natürlich sollten Sonnenallergiker generell eine starke Sonneneinstrahlung meiden.
Für Asthmatiker ist der Tauchsport gefährlich und nur in Ausnahmefällen möglich. Das individuelle Risiko sollte vor dem Urlaubsantritt mit einem Tauchmediziner besprochen werden.
Zusammenfassung
Das „ideale Reiseland“ und die „ideale Reisezeit“ gibt es für den Allergiker nicht. Allerdings können die aufgeführten Tipps und Tricks im Urlaub eine gewisse Besserung der allergischen Beschwerden ermöglichen. Damit auch Allergiker die „schönsten Wochen des Jahres“ unbeschwert genießen können, können bei dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA) und beim Deutschen Allergie- und Asthmabund e.V. weiteres Informationsmaterial angefordert werden (Adressen s.u.)