Krankheits-Definition:
Als eine “chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege …“ wird das Asthma bronchiale von der International Consensus Report Global Initiative for Asthma (GINA) beschrieben [1]. Diese entzündlichen Prozesse führen bei den Betroffenen durch Entzündungs- und Schleimbildung sowie Bronchospasmus zu einer variablen Behinderung des Luftstromes in den Atemwegen, wobei klinisch zwei charakteristische Merkmale im Vordergrund stehen: anfallsartige Atemnot und Überempfindlichkeit der Atemwege gegenüber unspezifischen und ggf. spezifischen Reizen [2, 3] Die bronchiale Obstruktion ist oftmals voll reversibel [3, 4].
Zwischen den Anfällen, die sich vor allem nachts oder in den frühen Morgenstunden häufen, finden sich Perioden völliger Beschwerdefreiheit [1].
Ätiologie und Pathogenese:
Bei Kindern haben bis zu 80%, bei Erwachsenen immerhin 60% aller Fälle von Asthma eine allergische Genese. Somit ist Asthma bronchiale die häufigste allergische Lungenerkrankung, [4].
Beim allergischen Asthma spielt die IgE-vermittelte Soforttyp-Reaktion (Typ I) die entscheidende pathogenetische Rolle. Als auslösende Allergene sind in den meisten Fällen Inhalations- oder Aeroallergene wie Pollen, tierische Allergene, Schimmelpilzsporen oder Hausstaubmilben ursächlich (sog. „extrinsisches“ Asthma) [1].
Im frühen Kindesalter (bis ca. zum 2-3. Lebensjahr) dagegen dominieren Infekte als Asthmaauslöser. Danach können Nahrungsmittelallergien (Milcheiweiß, Soja,) eine Rolle spielen. Nach diesem Alter sind bei 70-80% der asthmakranken Kinder inhalative Allergene verantwortlich.
Vor allem genetische Faktoren sind bei der Ursache des allergischen Asthmas von Bedeutung. So kommen die sog. atopischen Erkrankungen (Asthma bronchiale, allergische Rhinitis und Dermatitis atopica) familiär gehäuft vor und führen zur überschießenden IgE-Bildung. Leiden beide Elternteile an einer atopischen Erkrankung, so bilden deren Kinder in 40-50% der Fälle eine atopische Erkrankung aus [5].
In der Frühphase der allergisch-asthmatischen Entzündung (Sofortreaktion) spielen präformierte und vorwiegend aus Mastzellen freigesetzte Mediatoren wie Histamin und Tryptase eine zentrale Rolle, während an der asthmatischen Spätreaktion neu synthetisierte Mediatoren wie Leukotriene, Prostaglandine, Thromboxane beteiligt sind ([7], Abb. 1). An der chronischen asthmatischen Entzündung sind TH2-Lymphozyten und eosinsophile Granulozyten beteiligt[7].
Oft lassen sich verantwortliche Allergene nicht nachweisen (sog. „Intrinsisches Asthma“), obgleich interessanterweise die gleichen Mediatorsysteme aktiviert werden wie bei der spezifisch-allergischen Reaktion [3, 8]. Eine Intoleranz gegenüber Azetylsalizylsäure (ASS) und nicht-steroidalen Antiphlogistika zeigt sich bei ca. 10% der Patienten mit intrinsischem Asthma, dagegen seltener bei allergischem Asthma. Die Verbindung von ASS-Intoleranz, Asthma bronchiale (mit heftigen Asthmaanfällen) und Polyposis nasi et sinuum wird als „Samter“-Trias beschrieben [8, 9].
Zusätzlich zu inhalativen Allergenen können auch Luftschadstoffe (z.B. Passivrauchen, Rückstände von Verbrennungsmotoren wie Dieselpartikel, Ozon etc) oder in der Nahrung enthaltene Additiva, wie z.B. Farbstoffe (Tartrazin), das Asthma auslösen [3]. Auch ist die Prävalenz in ländlichen Gegenden (Bauern / Bauernkinder mit Tierkontakt) geringer als in der städtischen Bevölkerung, weshalb die sog. „Hygiene-Hypothese“ aufgestellt wurde [10].
Psychischen und nervalen Faktoren („neurogene Einflüsse“) kommt eine zunehmend anerkannte Bedeutung zu. So kann die Symptomatik beim Atopiker durch psychischen Streß verstärkt werden [11, 12].
Klinik des Asthma bronchiale:
Asthmatische Beschwerden treten saisonal und/oder ganzjährig (perennial) auf [2, 3]. Durch die Obstruktion der unteren Luftwege kommt es zu der typischen, akut-anfallsartig einsetzenden Atemnot mit expiratorischem Pfeifen und Giemen.
Im schweren Anfall sind Unruhe, Angst, Orthopnoe mit Einsatz der Atemhilfsmuskulatur sowie Zyanose weitere klinische Zeichen. Oft haben die Patienten aufgrund der Luftnot Schwierigkeiten, längere Sätze zu sprechen. Häufig bildet sich auch ein quälender Hustenreiz aus.
Bei Kindern kann der akute Asthmaanfall mit gastrointestinalen Beschwerden sowie vermehrter Diurese und Abgeschlagenheit verbunden sein. Auch kann die allgemeine Entwicklung eines betroffenen Kindes bei schweren Verlaufsformen beeinträchtigt sein.
Ein „Status asthmaticus“ liegt dann vor, wenn ein akuter Asthmaanfall trotz adäquater medikamentöser Therapie länger als 24 Stunden anhält [13]. Die „Deutsche Atemwegsliga“ hat aufgrund des klinischen Beschwerdebildes und der Befunde im Lungenfunktionstest vier Schweregrade definiert ([2, 3], Tabelle 1).
Diagnostik:
Die Anamnese sowie die klinischen Symptome sind richtungsweisend bei der Diagnosestellung [2]: Bei der Auskultation finden sich trockene Rasselgeräusche (Giemen, Brummen) und die Exspiration kann verlängert sein. Bei der Perkussion ist ein hypersonorer Klopfschall sowie ein tiefstehendendes Zwerchfell typisch[2].
Die Spirometrie wird auch als ‚kleine Lungenfunktion‘ bezeichnet und hat eine wichtige Bedeutung bei der Diagnosefindung (2, 3, Abb. 2): Die wichtigsten hierbei erhobenen Werte sind die Vitalkapazität (das maximale atembare Volumen = VC) und das forcierte expiratorische Volumen in der ersten Sekunde, die sog. Einsekundenkapazität (FEV1) (Abb. 3). Charakteristisch für Asthma bronchiale ist eine bei erhaltener Vitalkapazität verminderte FEV1. Hierdurch ist der Quotient von FEV1/VC (Tiffeneau Index) reduziert (< 70% bei Erwachsenen, bei Kindern altersabhängig, < 80%) [2, 3].
In Ergänzung zur Spirometrie kann die „Peak-Flow-Messung“ als Diagnostikum vor allem bei der Langzeitbeobachtung eines Asthmatikers zur Anwendung kommen. Diese beschreibt den Maximalwert des Luftflussvolumens (Durchfluss) beim Ausatmen. Er kann mit einem handelsüblichen „Peak-Flowmeter“ einfach gemessen werden und als Indikator für den freien Querschnitt in der Luftröhre beim Ausatmen auf eine Obstruktion hinweisen: der expiratorische Spitzenfluß (PEF = peak expiratory flow) ist im asthmatischen Zustand um mindestens 20% vermindert und im Intervall normal. Hieraus ergeben sich charakteristische Schwankungen der PEF Werte > 20%, die vor allem für die Diagnose und von Bedeutung sind.
Ferner spricht die Reversibilität der bronchialen Obstruktion durch die Inhalation eines ?2-Agonisten (Salbutamol, 200 – 400 Mikrogramm, entsprechend 2-4 Hübe aus einem Dosieraerosol) im Bronchospasmolysetest für Asthma bronchiale.
Ein bronchialer Provokationstest (z.B. mit Metacholin) zum Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems sollte nur beim pulmologischen Spezialisten durchgeführt werden.
In Abb. 4 werden die wichtigsten spirometrischen Befunde bei der Diagnostik des Asthma bronchiale zusammengefasst [2, 3].
Laboruntersuchungen sind primär nicht erforderlich, eine Eosinophilie im Differentialblutbild kann auf ein Asthma bronchiale hindeuten. Bei allergischem Asthma ist das spezifische IgE für die ursächlichen Allergene erhöht.
Differentialdiagnostik:
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) stellt die wichtigste Differentialdiagnose dar. Typischerweise wird bei der COPD die Reversibilität der Obstruktion nicht beobachtet. Allerdings ist die klare Abgrenzung oft schwierig, da bei einem langdauernden chronischen Asthma die volle Reversibilität der Obstruktion verloren gehen kann. [3, 4].
Weitere Differentialdiagnosen stellen interstitielle Lungenerkrankungen wie die exogen allergische Alveolitis und die allergische Aspergillose dar. Ferner ist die Linksherzinsuffizienz (früher Asthma cardiale genannt) oder die Sarkoidose in die differentialdiagnostische Überlegungen mit einzubeziehen.
Allgemeines zur Asthma-Therapie:
Asthma kann sehr gut behandelt, jedoch nur selten geheilt werden. [3, 4, 14, 15, 16].
Die einzige kausale Therapie des allergischen Asthmas ist die Allergenkarenz. Eine sorgfältige Anamnese (besonders Berufsanamnese) sowie die ausführliche allergologische Diagnostik sind hierfür entscheidend [1].
Grundsätzlich sollten bei allen Asthmaformen und –stadien auch unspezifische Auslöser möglichst vermieden werden. Ferner sind Medikamente wie nichtsteroidale Analgetika bei Patienten mit ASS-Intoleranz [8] sowie ?2-Rezeptorenblocker (auch als Augentropfen) bei allen Asthmapatienten zu meiden (Anamneseerhebung!) [4].
Beim gastroösophagealen Reflux ist die entsprechende medikamentöse Therapie einzuleiten [4]. Bei Polyposis nasi et sinuum und bei chronischer Rhinosinusitis wird der weitere Verlauf beim Asthma durch die HNO-ärztliche Behandlung und ggf. operative Sanierung der Nase und Nasennebenhöhlen günstig beeinflusst [17].
Medikamente in der Asthma-Therapie
Applikation
Im Vordergrund bei der Behandlung von Asthmatikern sollte generell die inhalative Verabreichung von Medikamenten, insbesondere von Corticoiden und ?2-Sympathomimetika , stehen (2, 3, 4). Hierdurch kann eine hohe topischen Wirkstoffkonzentration bei sehr geringen systemischen Nebenwirkungen erreicht werden. Drei Inhalationsformen finden heute Anwendung:
- Vernebler
- Pulver-Inhalatoren
- Dosier-Aerosole
Elektrisch betriebene Vernebler kommen nur noch bei kleinen Kindern oder im Zustand einer akuten schweren Atemwegsobstruktion zum Einsatz.
Doseriaerosole werden durch Druck auf den Behälter ausgelöst. Daher ist hierbei die richtige Koordination von Auslöung und Einatmung für eine gute Deposition des Aerosols sehr wichtig. Der Patient muss zunächst tief ausatmen und dann gleichzeitig den Sprühstoß auslösen und tief einatmen. Alternative Systeme sind Inspirationsgetriggert (z.B. Autohaler). Bei kleineren Kindern oder alten Patienten kann ein sog. „Spacer“, eine vorgeschaltete Inhalationskammer (s. Abb. 5), zur Anwendung kommen. Hierbei wird der Wirkstoff zunächst in eine Kammer entleert. Hierdurch entfällt die Notwendigkeit der Koordination der Auslösung und der gleichzeitigen Einatmung entfällt.
Pulverinhalatoren sind treibgasfrei und stellen daher die umweltfreundlichere Variante der Applikation dar. Sie werden durch den inspiratorischen Fluss des Patienten entleert, hierdurch kann eine bessere Deposition erreicht werden. Kleine Kinder und Patienten mit schwerer Obstruktion können allerdings den Mindestfluss, der für die Entleerung des Pulverinhalats und dessen Deposition erforderlich ist, nicht immer aufbringen. Deshalb werden bei diesen Patienten im Asthmaanfall Dosieraerosole oder Vernebler bevorzugt.
Der Arzt sollte sich den Gebrauch von den Patienten demonstrieren lassen und gegebenenfalls korrigieren [5]. Die Umstellung auf ein anderes Inhalationssystem (z.B. atemzuggetriggerte Dosieraerosole, verschiedene Pulverin-halatoren) kann erforderlich sein.
Orale Präparate sind nur bei wenigen Patienten einzusetzen die die Inhalationstechnik nicht erlernen können, (2).
Medikamenten-Auswahl
Das Therapieziel der Langzeitbehandlung des Asthmas ist die Kontrolle der Entzündung der Atemwegsschleimhaut. In Abhängigkeit vom Asthma-Schweregrad kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz („Stufentherapie“, Tab. 2, [1, 3]). Das Ziel dieser Behandlung ist der bestmögliche, oft auch beschwerdefreien Zustandes des Patienten. Hierzu werden folgende Medikamente verordnet (Tab.3; [1, 3])
1. Controller = antientzündliche Medikamente als Dauermedikation
2. Reliever = Medikamente mit sofortiger Wirkung als Anfallsbehandlung
1. Controller
Inhalative Glukokortikosteroide (ICS)
ICS wirken hauptsächlich antiinflammatorisch und somit hemmend auf die bronchiale Entzündungskaskade. Beclomethason, Budesonid, Ciclesonid, Fluticason oder Mometason sind topisch wirksame Kortikoide der ersten Wahl [3]. Das Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen ist bei der inhalativen, topischen Therapie im Vergleich zu der oralen Applikation deutlich geringer.
Mögliche Nebenwirkungen der topischen ICS-Gabe sind oropharyngeale Candidose, Heiserkeit und Husten. Auf diese Nebenwirkungen hat der behandelnde Arzt ein besonderes Augenmerk zu richten:. Eine Spülung der Mundhöhle sofort nach Inhalation, die Anwendung von Spacern und ggf. das Wechseln des Präparates (Dosieraerosol gegen Pulver und vice versa) und des Wirkstoffes (Ciclesonid könnte weniger lokale Nebenwirkungen haben) helfen in manchen Fällen weiter. Einige Patienten bleiben jedoch übrig, die für eine ICS nicht in Betracht kommen.
Leukotrienrezeptor-Antagonisten (Montelukast)
Bei Erwachsenen sind sie zugelassen für die Monotherapie/Prophylaxe des Anstrengungsasthmas und stellen bei Kindern mit leichtem persistierenden Asthma eine Alternative für inhalative Glukocorticoide dar [5].
Orale Glukokortikosteroide (OCS)
Eine orale Glukokorticosteroid-Therapie kann erforderlich werden, wenn trotz konsequenter und überprüfter Einnahme und maximaler Dosierung der o.g. Medikation sich ein Behandlungserfolg nicht einstellt ) [1, 14]. Allerdings muß die Indikation aufgrund einer möglichen Beeinflussung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse muß streng gestellt werden.
Mastzellstabilisatoren
Cromoglyzinsäure (Dinatrium cromoglicicum (DNCG)) und Nedocromil-Natrium stabilisiert die Mastzelle und wirkt der Degranulation entgegen [3]. Beide Substanzen müssen tgl. 4x inhaliert werden, was hohe Anforderungen an die Compliance der Patienten stellt.
2. Reliever
Inhalative ?2-Sympathomimetika
Für die Symptomkontrolle sind diese Medikamente Mittel der Wahl der Langzeittherapie [1, 3]. Wie auch bei den ICS wird durch die inhalative Applikation Substanzkonzentration am Wirkort erreicht bei. einem geringen Nebenwirkungsprofil. Unterschieden werden schnell wirksame ?2-Sympathomimetika, wie z.B. Fenoterol, Reproterol, Salbutamol und Terbutalin, und das schnell und langwirksame Formoterol. Zu den langwirksamen ?2-Sympathomimetika gehört auch das Salmeterol.
Theophyllin
Es wird oral verabreicht und ist im Vergleich zu anderen Bronchodilatatoren schwächer wirksam Es hat einen engen therapeutischen Index und erfordert ein therapeutisches drug monitoring, da eine starke inter- und intraindividuelle Schwankung des Spiegels auftritt (Therapeutischer Bereich: 8-20 mg/l [4, 8]..
Inhalative Anticholinergika
Sie stellen eine Alternative zu den Beta2-Sympathomimetika dar, sie sind -wie auch Theophyllin- Mittel der 2. Wahl.
Kombinationstherapie
Falls bei Patienten mit einer mittleren Dosis ICS allein keine optimale Asthmakontrolle erreicht wird, kann vor weiterer Erhöhung der ICS Dosis ein langwirksames Beta2-Mimetikum verordnet werden . Durch die Kombination kann die Lungenfunktion im Vergleich zur Monotherapie stärker gesteigert werden. Falls die Kombination beider Medikamente indiziert ist, kann ein Kombinationspräparat (Formoterol und Budesonid = Symbicort®), Salmeterol und Fluticason = Viani®, Atmadisc®) verordnet werden [4].
Anti IgE Therapie (Omalizumab, Xolair®)
In den USA ist Omalizumab bereits seit 2 ½ Jahren und in Deutschland seit Oktober 2005 zugelassen. Der humane Anti-IgE-Antikörper (rhuMAb-E25 = Omalizumab) ist indiziert als ´add on´-Therapie zur Behandlung des schweren persistierenden allergischen Asthma bronchiale, welches trotz hochdosierter ICS- und langwirksamer Betamimetikum-Therapie symptomatisch geblieben ist und häufig exazerbiert [18].
Behandlung des Asthma-Anfalls (Tabelle 3; [3, 13, 14])
Zur Linderung und Beruhigung tragen Selbsthilfetechniken wie „Atmung erleichternde Positionen“, Lippenbremse und vorderer Packegriff bei.
Ein raschwirksames Notfallspray, am besten in Form eines Dosieraerosols, sollte jeder Patient vom Schulalter an mit sich führen. Die Inhalation mit ?2-Sympathomimetika ist sofort wirksam. Darüber hinaus können Patienten nach einem festgelegten Plan auch Prednisolon oral einnehmen (z.B. 1 mg/kg), damit das Zeitintervall bis zur ärztlichen Versorgung sinnvoll genutzt wird. Wichtig ist die möglichst frühzeitige O2-Gabe durch den Arzt via Nasensonde und die rasche Klinikeinweisung.
Die sofortige Injektion von 50-100 mg Prednisolon-Äquivalent ist beim Status asthmaticus indiziert. Falls im schweren Asthmaanfall Dosier-Aerosole nicht mehr richtig inhaliert werden können, kann die Inhalation aus einem Vernebler erfolgen. In extremen Fällen wird die parenterale Gabe eines ?2-Mimetikums (s.c/i.v) und Theophyllin als Dauerinfusion indiziert.
Immuntherapie (Hyposensibilisierung)
Bei Nachweis einer klinisch relevanten allergischen Sensibilisierung durch sorgfältige allergologische Anamnese und Diagnostik ist die spezifische Immuntherapie (SIT) indiziert. Evidenz für die Wirksamkeit der SIT liegt für das Pollenasthma, teilweise auch für das Hausstaubmilbenasthma, vor [3, 19]
Nicht-medikamentöse Maßnahmen
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- Asthmaschulung:. Diese ermöglicht ein besseres Krankheitsverständnis des Asthmatikers (und auch des familiären Umfeldes) und reduziert die Angst vor der Erkrankung. Das Wissen um die optimale Inhalationstechnik sowie um eine gute Medikamenten-Compliance ist eine wichtige Säule im Rahmen des therapeutischen Managements [5, 8] Die therapeutischen Ziele einer solchen Schulung sind in Tabelle 4 aufgelistet [8].
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- Physiotherapie: Auch physikalische Behandlungen wie Atemgymnastik, Training von Atem-, Bauch- und Rückenmuskulatur und Sekretdrainage durch spezielle Hustentechniken können in das Therapiekonzept einbezogen sein [4, 8].
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- Beim Kuraufenthalt im allergenarmen Milieu (See- oder Hochgebirgsklima) kommt es beim exogenen Asthma unter Allergenkarenz sowie generell zu einer positiven Beeinflussung des Krankheitsbildes.
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- Die Rehabiliation vereinigt alle verfügbaren medikamentösen (Optimierung der Therapie) und nicht-medikamentösen Konzepte Auch die Einbeziehung psychosomatischer Konzepte kann hier als wichtige Komponente erfolgen.
Chirurgische Maßnahmen:
Aufgrund teilweise beträchtlicher Nebenwirkungen wie Durchblutungsstörungen, Kreislaufdysregulation etc. werden gelten die früher vereinzelt beschriebenen chirurgischen Maßnahmen wie die Vago- und Sympathikotomie oder die Resektion des Glomus caroticum bei nicht ausreichend belegter Wirksamkeit als obsolet.
HNO-ärztlich operativ behandelt werden sollten hingegen Obstruktion der oberen Atemwege im Sinne einer ausgeprägten Septumdeviation, einer Hypertrophie der mittleren oder unteren Nasenmuscheln, einer Polyposis nasi et sinuum oder einer Weichgaumen und/oder Zungengrundhyperplasie [20]. Auch eine chronisch-rezidivierenden (bakteriellen) Sinusitis kann die chirurgische Sanierung duch den HNO-Chirurgen erforderlich machen[17].
Fazit
Asthma bronchiale ist ein ernstes Krankheitsbild, der behandelnde Arzt sollte die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten insbesondere in Hinblick auf die Notwendigkeit einer interdisziplinären Beratung beherrschen. Nur durch ein individuelles, polymodales Therapiekonzept ist ein optimaler Behandlungserfolg gewährleistet.
Abbildungen
Abb. 1: Entzündungszellen und Mediatoren beim Asthma bronchiale (nach [8])
Abb. 2: Durchführung der Spirometrie
Abb. 3: Bestimmung der spirometrischen Parameter:
Das maximale expiratorische Volumen nach max. Einatmung ist die forcierte Vitalkapazität. Die sog. Einsekundenkapazität, also das forcierte expiratorische Volumen in der ersten Sekunde (FEV1), ist bei Asthmatikern durch die bronchiale Obstruktion in charakteristischer Weise vermindert.
Abb.4: Sicherung der Diagnose durch drei spirometrische Befunde (nach [3])
Abb. 5: Bei kleineren Kindern oder alten Patienten kann ein sog. „Spacer“, eine vorgeschaltete Inhalationskammer, zur Anwendung kommen. Hierbei wird der Wirkstoff zunächst in eine Kammer entleert. Es entfällt die Notwendigkeit der Koordination der Auslösung und der gleichzeitigen Einatmung.
Tabellen
Tab. 1: Schweregradeinteilungen bei Asthma bronchiale und Stufentherapie“:
individueller Einsatz der Medikamente in Abhängigkeit des Asthma-Schweregrades. Unter der (erfolgreichen oder erfolglosen) Therapie kann sich die Zuordnung zu einem Asthma-Schweregrad verschieben. [1, 3]
Weitere Maßnahmen: Prävention: Vermeidung von Risikofaktoren (feder- und felltragende Tiere, Passiv-, Aktivrauchen, feuchtes Milieu); Allergenkarenz, Encasing b. Sensibilisierun gegen Hausstaubmilbe; ggf. spezifische Immuntherapie; evtl. Rehabilitationsmaßnahmen
Tab. 2: Übersicht über Controller und Reliever [3, 4]
Tab. 3: Medikamentöse Therapie des akuten Asthmaanfalls (modifiziert nach [3, 13, 14])
Tab. 4: „Patienten-Schulung“: wichtige therapeutische Ziele
Literatur
1 Masoli M, Fabian D, Holt S, Beasley R; Global Initiative for Asthma (GINA) Program: The global burden of asthma: executive summary of the GINA Dissemination Committee report. Allergy. 2004; 59(5): 469-78
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3 Kardos P, Berdel B, Buhl R, Criée CP, Gillissen A, Kroegel C, Leupold W, Lindemann H, Magnussen H, Nowak D, Rabe KF, Rolke M, Schultze-Werninghaus G, Sitter H, Ukena D, Vogelmeier C, Welte T, Wettengel R, Worth H: Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma. Kurzfassung, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart:, 2005
4 Wettengel R, Berdel D, Hofmann D, Krause J, Kroegel C, Kroidl RF, Leupold W, Lindemann H, Magnussen H, Meister R, Morr H, Nolte D, Rabe KF, Reinhardt D, Sauer R, Schultze-Werninghaus G, Ukena D, Worth H.: Empfehlungen der deutschen Atemwegsliga zum Asthmamanagement bei Erwachsenen und Kindern. Med Klin, 1998; 93(11): 639-50
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11 Ader RJ, Cohen N, Felten D: Psychoneuroimmunology: interactions between the nervous system and the immune system. Lancet 1995; 345, 99-103
12 Pfaar O, Hummel T, Klimek L.: Pathophysiologie des Nies- und Juckreizes bei der allerg. Rhinitis. Allergologie 2006; 29: 500-506
13 Lenchner KI, Saltoun C: Status asthmaticus. Allergy Asthma Proc. 2004, 4 (1): 31-3
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18 Humbert M, Beasley R, Ayres J et al. Benefits of omalizumab as add-on therapy in patients with severe persistent asthma who are inadequately controlled despite best available therapy (GINA 2002 step 4 treatment): INNOVATE. Allergy 2005; 60: 309–16
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20 Virchow JC: Asthma, Allergische Rhinitis, Sinusitis. Konzept der “vereinigten Atemwege”. HNO 2005; 53 Suppl 1: 16-20